Re: Pastor Ramazan – Ein ungewöhnlicher Lebensweg

#29748
Armagan
Anahtar yönetici

Das heißt, Sie stufen Ihre Gefühle herunter und hören auf Ihren Verstand – richtig?
– Ich achte Gefühle durchaus, aber ich bin nicht jemand, der nach Gefühl vorgeht. Der Verstand ist für mich wichtig. Wenn die Bibel etwas nicht gut heißt, halte ich mich davon fern.
Eines werden einige Radikale, die diesen Artikel lesen, sowieso fragen – dann frage ich es gleich. Machen Sie Gehirnwäsche mit den jungen Leuten? Bilden Sie Agenten aus? Treiben Sie Missionsarbeit?
– Was Sie da sagen, sind für uns keine neuen Sachen. In der Bibel sagt Jesus: “Teilt mich mit den Menschen” (gemeint ist: von Jesus weiter sagen). Mission ist im Wesen des Christentums drin. Eigentlich ist jeder Christ ein Missionar. Aber nicht als Agent, wie es in der Türkei verstanden wird. Weil es uns Jesus so geboten hat, geben wir unseren Glauben an andere weiter. Wir würden niemandem die christliche Botschaft aufzwingen. Wer zuhören will, dem erzählen wir es gern. Weder machen wir Gehirnwäsche, noch missionieren wir in dem Sinne, wie es allgemein verstanden wird.
So offen zu sein, macht sie doch auch zur Zielscheibe. Haben Sie keine Angst?
– Ich habe mit Sicherheit keine Angst. Für mich ist das Leben Christus, und Sterben ist Gewinn (Philipper 1, 21). Wenn ich lebe, lebe ich für Gott, und um Gott den Menschen zu verkünden. Wenn ich sterbe, ist das für mich Gewinn. Ich weiß gewiss, wo ich bei meinem Tod hingehe. Ich glaube, dass ich in den Himmel (bzw. “ins Paradies”) komme.
Als “Tarikat” – Anhänger wurde er Atheist, und als Atheist wurde er Christ
Mein Religionslehrer lenkte mich zur “TARIKAT” (Sekte, islam.) hin

Als Atheist war mein Vater in Sivas nicht sehr beliebt, dort konnten wir nicht sicher wohnen. Als ich vier Jahre alt war, ließen wir uns als Familie in Kalkan nieder. Ich kannte Islam, wie ich ihn von meiner Mutter und von den Nachbarn gehört hatte. Aber ich wusste nicht genau, was Islam ist. In der “Mittelschule” (6. -8. Schuljahr im damaligen Schulsystem) war ich ein schlechter Schüler. Mein Religionslehrer lenkte mich auf eine “Tarikat” (religiöse Sondergemeinschaft, s. Anmerkung am Schluss), damit sie mir beim Religionsunterricht helfen und auch meinen Glauben festigen würden. In der Tarikat kümmerte man sich sehr um mich, ich habe es sehr dort gemocht. Bis zur Lise (etwa: Oberstufe Gymnasium, vgl. franz. Lycée) ging ich jeden Tag zur Tarikat. Alle meine Freunde waren aus islamischem Umfeld.
Sie sagten: Das Auge deines Herzens ist verschlossen. Da verliess ich die Tarikat

Nach dem Lise-Schulabschluss (etwa: Abitur) musste ich arbeiten und fing bei einem Gewürzhändler an. Ich fand mich in einem sozialistischen und atheistischen Umfeld wieder. Bei unseren Gesprächen sprachen sie von den Widersprüchen im Koran und verwirrten mich. Um meinen Glauben näher zu erforschen, las ich den Koran. Ich wunderte mich etwas beim Lesen, dachte, es wäre wohl eine schlechte Übersetzung, und las nun den Kommentar eines “Hamdi Yazir von Elmali”. Aber meine Widersprüche konnte ich nicht wegschaffen, in meinem Kopf waren noch Fragen. Ich ging zur Behörde für Religionsangelegenheiten (“Diyanet”) und verlangte Aufklärung über meine Widersprüche. Sie mühten sich um mich, beantworteten meine Fragen, aber nach einer Weile schickten sie mich aus Verdruss wieder fort. Ich brauchte zufrieden stellende Antworten. Ich ging wieder zu meiner alten Tarikat und bat um Hilfe. Ich stellte jede Frage, die in meinem Kopf war. Nach einer Zeit sagte mir der Führer der Tarikat, „Du brauchst nicht mehr zu kommen, dein Herzens-Auge ist verschlossen.”. Es gibt im Koran den Vers: “Freund, du kannst ihnen erklären was du willst – sie werden dich nicht verstehen, denn wir haben ihre Herzens-Augen verschlossen”. (Anm: Der Begriff hat in der islamischen Sufi-Mystik auch eine spezielle Bedeutung) Ich ärgerte mich, man mir diesen Vers sagte. Ich sagte, „wenn Allah mir die Augen verschließt, dann lebe ich eben blind”, und ging nicht mehr zur Tarikat.