Christenangst in der Türkei

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    AKTUELL VOM 15.05.2006

    [IMG]http://www.dradio.de/images/17016/landscape/133,0/[/IMG]In der Türkei geht Angst vor christlichen Missionierungsversuchen um. (Bild: AP)

    Christenangst in der Türkei :amin::amin::amin:

    Prozess um Priestermord beginnt

    (Von Susanne Güsten)
    Vor einem Strafgericht im nordtürkischen Trabzon beginnt heute der Prozess um den Mord an einem katholischen Priester Andrea Santoro, der im Februar vor seiner Kirche erschossen worden war. Mutmaßlicher Hintergrund der Tat ist die in der Türkei weit verbreitete Angst vor angeblichen christlichen Missionaren, die das Land unterwandern wollten. Zwar versteht sich die Türkei offiziell als säkulärer Staat, doch bis in die Regierung hinein reicht die Christenangst.

    Schon eine Broschüre, die in türkischer Sprache etwas über die Kirche oder das Christentum erklärt, gilt hierzulande als etwas Kontroverses.
    Christliche Literatur in türkischer Sprache habe in der Kirche in Trabzon ausgelegen, entsetzte sich die türkische Presse nach dem Mord an Andrea Santoro. Nicht, dass Mission in der Türkei gesetzlich verboten wäre – durchaus nicht. Dass der Fund von türkischsprachigen Katechismen in einer katholischen Kirche in der Türkei dennoch als “mildernder Umstand” im Mordfall an dem italienischen Priester gesehen wird, das erschreckt selbst langjährige Beobachter wie den anglikanischen Priester Ian Sherwood, der seit 17 Jahren in Istanbul tätig ist:

    Dem verstorbenen Pater Andrea wurde unterstellt, er treibe etwas Unrichtiges, Unbotmäßiges in der Türkei, nur weil er christliche Literatur in türkischer Sprache besaß. Ich finde es sehr beunruhigend, dass der verstorbene Priester dafür kritisiert wird, dass er christliche Literatur in seiner Kirche hatte.

    Wer christliche Literatur in türkischer Sprache besitze, der wolle den Türken das Christentum bringen – so der Verdacht, der in der türkischen Öffentlichkeit nicht nur gegen den verstorbenen Priester von Trabzon erhoben wird. Und das ist selbst im offiziell laizistischen Staat Kemal Atatürks ein Tabu. Der protestantische Pfarrer Behnan Konutgan:

    In der Türkei wird der Begriff Missionare nur für Christen gebraucht. Die allermeisten Türken verstehen darunter einen Feind der Türkei, der das Land zerstören will. Wir werden ja schon angefeindet, weil wir Christen sind. Sie nennen uns Gavur, Ungläubige, das ist hierzulande ein ganz schlimmes Wort. Im Wörterbuch der Gesellschaft für Türkische Sprache wird Gavur so definiert: jemand ohne Religion oder Glauben, ein Christ oder ein schlechter Mensch. Und deshalb halten uns alle für ungläubige und schlechte Menschen.

    Die Immanuel-Kirche, deren Pfarrer Konutgan ist, liegt versteckt in einem Hinterhaus im Istanbuler Basarviertel. Nicht einmal ein Türschild weist auf die Gemeinde hin, von einem Kirchturm ganz zu schweigen. Ein Wachmann schließt eingeweihten Besuchern das Eisentor auf. Dennoch empören sich Anwohner und Passanten über das Kommen und Gehen der Gottesdienstbesucher:

    Ich bin schon oft bei der Polizei angezeigt worden, mindestens 20 Mal wurde ich schon abgeführt oder musste ich auf der Wache erscheinen. Ich bin nie verurteilt worden, weil die Richter die Gesetze kennen und mich freilassen. Aber die Bevölkerung und selbst die Polizei kennen die Gesetze eben nicht.

    Die Missionare sind hier aktiv, und das ist nicht gut. Ich rufe alle Türken auf, sich nicht hinters Licht führen zu lassen. Die Missionare wollen unseren Glauben zerstören.

    Händler Yusuf Nizan ist von den subversiven Aktivitäten ausländischer Chgristen in derf Türkei überzeugt, ebenso wie Eisenwarenhändler Nuri Temel, der sogar eine drohende Gefahr für sein Land ausmacht:

    Dahinter stecken bestimmte Mächte, große Mächte. Es geht dabei gar nicht so sehr um Religion, es geht um ganz andere Sachen. Das sind bestimmte Mächte, die wollen uns destabilisieren.

    Und auch der Student Hakan Aksu fürchtet die Missionare:

    Geheime Mächte betreiben das, sie tun das im Verborgenen. Ausländische Staaten sind das meiner Ansicht nach, die unseren Glauben vernichten wollen. Dahinter steckt Amerika, wahrscheinlich auch Israel.

    Die Ansicht, dass ausgerechnet der jüdische Staat die Christianisierung der Türkei betreibe, hat im Basarviertel viele Anhänger. Doch woher kommen diese Ängste? Nicht zuletzt aus den Moscheen des Landes, wo beim Freitagsgebet mitunter Predigten wie diese zu hören sind:

    Werte Brüder! Jene Kräfte, die die Verbreitung des Islam als einzigen Glauben Gottes nicht hinnehmen wollen, haben in der Geschichte nichts unversucht gelassen, um ihn aufzuhalten. Sie haben so genannte heilige Armeen aufgestellt, um den Islam und die Moslems aus der Geschichte auszulöschen, aber sie haben es nicht geschafft. Wie damals, so sehen diese Mächte auch heute noch den Islam als größtes Hindernis für ihre eigenen Interessen. Diese Mächte gehen nach wie vor planmäßig und organisiert vor, um unser Volk von seinem Glauben abzubringen.

    Nicht irgendeine Hinterhofpredigt war das, sondern die amtliche Predigt des staatlichen Religionsamtes, die in fast allen 70.000 Moscheen der Türkei verlesen wird. Bis hinein in die Regierung ist die Angst vor den christlichen Missionaren in der Türkei salonfähig. So erklärte der für das Religionsamt zuständige Minister Mehmet Aydin im vergangenen Jahr auf eine parlamentarische Anfrage hin:

    Wir sehen in den Aktivitäten der Missionare den Versuch, unsere Gesellschaft in verschiedene Glaubensgemeinschaften aufzusplittern, um ihre religiöse, nationale und kulturelle Einheit aufzubrechen. Wir betrachten die Missionarstätigkeit nicht als harmlose Glaubensverkündung oder Gebrauch der Religionsfreiheit, sondern als in höchstem Maße gelenkte Einflussnahme mit historischem Hintergrund und politischen Zielen.

    Nicht nur als christliche Pfarrer und Priester würden die gefürchteten Missionare auftreten, auch getarnt als Ärzte, Krankenschwestern, Menschenrechtler oder Lehrer könnten sie einem begegnen, warnte Aydin. Belege konnte der Minister keine vorweisen: Schließlich wühlten die Missionare ja im Verborgenen, so seine Begründung. Nur eine Zahl liege der Regierung offiziell vor: Demnach seien bisher 368 moslemische Türken von Missionaren zum Christentum bekehrt worden: 368 von 70 Millionen.

    Einen ganzen Forschungszweig haben diese paar Konvertiten in der Türkei inspiriert. Kaum ein Monat vergeht, ohne dass an irgendeiner Universität oder einer Behörde in der Türkei ein Symposium zur Missionarsgefahr veranstaltet wird, bei dem sich Professoren und Gelehrte über die christliche Bedrohung austauschen. Einer der prominentesten Missionarsforscher ist der Publizist Ali Riza Bayzan, der in Kürze sein drittes Buch zur christlichen Gefahr vorlegen will. “Die globale Taufe” lautete der Titel seines ersten Werkes, in dem es unter anderem um die katholische Hilfsorganisation Caritas geht:

    In ihren englischsprachigen Veröffentlichungen stellt sich Caritas als religiöse Organisation vor, die Gottes Geboten gehorche. Aber in ihren türkischen Veröffentlichungen präsentiert sie sich als humanitäre Organisation, die nicht nach Sprache, Religion oder Rasse diskriminiere. Das ist schon ziemlich verdächtig, diese Verstellung.

    Nicht nur in Wort und Schrift, auch mit Rat und Tat will Bayzan die Christen von Caritas bei verdächtigen Aktivitäten ertappt haben – etwa bei ihren Hilfsaktionen nach dem furchtbaren Erdbeben von 1999 in der Nordwesttürkei, bei dem 20.000 Menschen starben und hunderttausende obdachlos wurden:

    Ich habe bei meinen Feldstudien selbst gesehen, dass Organisationen wie etwa Caritas im türkischen Erdbebengebiet versuchten, die Menschen mit Hilfsleistungen und mit Druck dazu zu bringen, zum Christentum zu konvertieren.

    Im Gegensatz zum Minister nennt Bayzan immerhin Ross und Reiter, wenn es um die Frage geht, wer die geheimnisvollen Mächte hinter den Unterwanderungsversuchen der Missionare sind. Die westlichen Verbündeten der Türkei sind es offenbar:

    In Irak zum Beispiel sind die amerikanischen Missionare zusammen mit den US-Soldaten einmarschiert und haben die Bibel mit Brot und Wasser verteilt. Ich sehe die Missionare hier als wichtige Stütze der amerikanischen Außenpolitik. Die Missionare sind Bestandteil der internationalen Politik ihrer Herkunftsländer.

    Was ist dann aber mit den türkischen Christen, die keinen fremden Staat im Rücken haben und von ihren Mitbürgern dennoch ständig des Verrats bezichtigt werden? Das fragt sich Pfarrer Konutgan von der Immanuel-Kirche in Istanbul auch:

    Meine Vorfahren leben seit 2000 Jahren in Anatolien, ich bin ein Anatolier. Die Türken sind erst vor tausend Jahren nach Anatolien gekommen. Wir waren schon in Anatolien, als die noch in Zentralasien lebten, unsere Kirchen und Klöster hier stammen aus dem ersten, dem dritten, vierten und fünften Jahrhundert. Und nun kommen die an und sagen, Du bist kein Türke. Wir sehen uns als vollwertige Staatsbürger dieses Landes. Aber leider erkennt uns das Volk nicht als solche an.

    Die Ursache für dieses gestörte Verhältnis liegt in der Geschichte der Beziehungen zwischen den moslemischen Osmanen und dem christlichen Westen, sagt Konutgan:

    Die Kreuzzüge sind es, an die alle denken. Wir türkischen Christen haben mit den Kreuzzügen nichts zu tun, aber hierzulande hält man uns für Kreuzritter. Deshalb gibt es diese Stimmung gegen uns.

    Eine explosive Stimmung, die sich jederzeit entzünden kann, wie der anglikanische Priester Sherwood bezeugt:

    Wenn ich hinausgehen wollte in die Fußgängerzone und die Leute dort ansprechen und in meine Kirche einladen wollte, um das Wort Gottes zu hören, dann würde ich mich in eine sehr gefährliche Situation begeben. Natürlich will die Kirche hier frei sein, wie sie es in Europa und fast überall auf der Welt ist. Doch diese Freiheit gibt es in der Türkei nicht.

    Und das weniger an den Gesetzen des Landes, sondern vielmehr am Misstrauen der Bevölkerung gegen die christliche Minderheit – der nicht einmal ihre Regierung beisteht, wie Pfarrer Konutgan beklagt:

    Der Staatspräsident, der Ministerpräsident, der Parlamentspräsident und die Presse müssten einmal klar und deutlich sagen, dass wir Christen zu diesem Land gehören und vollwertige Staatsbürger dieses Landes sind. Damit könnten die Vorurteile ausgeräumt werden. Aber leider schreibt die Presse jeden Tag schlimmes Zeug über uns. Und kein Politiker steht auf und sagt, dass das Lügen sind. Leider!

    Auf die Aufnahme der Türkei in die Europäische Union hofft Konutgan, um das Los der Christen in der Türkei zu verbessern. Und selbst dann würden die türkischen Christen noch lange darauf warten müssebn, von ihren moslemischen Landsleuten akzeptiert zu werden:

    Die Mauer der Vorurteile gegen uns Christen einzureißen, das wird noch lange dauern. Hundert Jahre wird das dauern, erst unsere Enkel werden das erleben.

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